Die alte Sennerei in Disla

da Lothar Bearth, Disla, Mustér

Im Dezember 1990 wurde der Verein «Uniun da fallun e cascharia Disla/Muster» in Disla gegründet. Dieser Verein bezweckt die Erhaltung, sowie die Aufsicht alter Gebäude und ihrer Einrichtungen, die früher als wirtschaftliche Betriebe der damaligen Bevölkerung genutzt wurden. In einer Zeit, in der die technischen Erfindungen noch sehr spärlich waren, benötigte es Mitmenschen mit praktischer und erfindungsreicher Begabung, um das Leben so angenehm wie möglich zu bewältigen. Mit viel Phantasie und Ausdauer konnten immer wieder Erfindungen aller Art aus einfachen und vor allem aus einheimischen Materialien hergestellt werden. Es fällt uns auf, dass vor allem das einheimische Holz genutzt wurde. So entstanden Einrichtungen, etliche Geräte und vielfältiges Geschirr der damaligen Zeit aus Holz. Heute kann man nur noch staunen, was daraus gefertigt worden ist. Daraus können wir auch erfahren, wie unsere Ahnen sich bemühten, das alltägliche Leben etwas angenehmer zu bewältigen. Viele Gefässe und Holzgeschirr wurden wohl vom Küfer hergestellt. Das war ein Beruf, der heutzutage ganz in Vergessenheit geraten ist.

Dank der Begründer des genannten Vereins wurde man in Disla auf einige Einrichtungen und auch auf viele umliegende Holzgeräte und altes Geschirr aufmerksam. Die räumlichen Einrichtungen, die bis jetzt in Vergessenheit geraten waren, sollen wieder saniert und im früheren Zustand hergestellt werden, sodass sie der heutigen Bevölkerung vorgeführt werden können.

Eine dieser Einrichtungen, die heute bereits für Besucher zugänglich ist, betrifft also die Sennerei mit einigen Sachen, die man für die Verarbeitung der Milch benötigte. Zum Voraus noch etwas Geschichtliches:

Im Jahre 1864 bauten Bewohner von Disla das Schulhaus und richteten im Untergeschoss die Sennerei oder die Käserei ein. Aus den Protokollen erfährt man von den Bemühungen um die Errichtung und anschliessend um die Erhaltung dieser Räumlichkeiten. Das zeigt uns die damalige Bedeutung dieses Objektes auf. Leider ging die Entwicklung des modernen Bauerngewerbes immer weiter, die Vorschriften wurden immer strenger, weil die Landwirtschaft von der öffentlichen Hand abhängig wurde. Das alles bedeutete das Aus für die Sennerei. Seit ungefähr 30 Jahren ist die Käserei vollständig stillgelegt. Diesen Zustand will jedoch unser Verein nicht ohne weiteres hinnehmen, und hat in der letzten Zeit eine Sanierung der Anlage vorgenommen. Jetzt kann man die Sennerei mit den dazugehörigen Geräten, die noch vorhanden sind, besichtigen. Bevor wir auf die Nutzung von den einzelnen Sachen eingchen, noch folgendes:

Vom Jahr 1911 bis 1985 sind wir im Besitze von Protokollen und können somit von dem Betrieb in der Käserei während dieser Jahre erzählen. Ich werde nur das Wesentliche daraus hier erwähnen. Genutzt wurde die Sennerei auch nicht das ganze Jahr hindurch. Es wurde jeweils nur von ungefähr Mitte März bis Mitte Mai in der Sennerei gekäst. Was man aber sagen kann, dass die meisten Familien von Disk, irgendwie an diesem Betrieb abhängig oder beteiligt waren. Das bezeugt uns, dass fast alle Familien einen kleinen Bauernbetrieb besassen, und ebenfalls auch im Besitze von Rechten der Sennerei waren. Laut Protokoll besassen im Jahre 1911 16 Familien 22 Rechte und lieferten Milch von 40 Kühen. Sie brachten mehr oder wenigjeden Tag Milch in die Sennerei und übergaben diese dem Senn zur Verarbeitung. Dieser wurde jedes Jahr vom jeweiligen Dorfmeister (cauvitg ni cuitg) bestimmt und hatte für einen sehr bescheidenen Lohn (Fr. 1.50 bis Fr. 3.00/ Tg.) zu käsen.

In den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts lieferten die Bauern am meisten Milch in die Sennerei. Im Rekordjahr 1925 lieferten sie vom 18. März bis zum 26. Mai 9491 kg Milch in die Sennerei. Daraus ergaben sich 648 Kg Käse, 249 kg Butter und 362,8 kg Ziger. Also eine

rechte Portion für das kleine Disla in der damaligen Zeit. Aber leider verminderte sich das ziemlich schnell, sodass man sich in den dreissigen Jahren nicht mehr einen ausgewiesenen Senn leisten konnte und die Bauern, die noch Milch lieferten, unter sich käsen mussten. Immer mehr Familien verzichteten mit der Zeit auf ihre Rechte. Im Jahr 1960 lieferten noch 5 Bauern Milch und 3 Jahre später sogar nur 3 Bauern. Die Erhaltung der Sennerei und dessen Aussteuer bereitete immer mehr Probleme. Das Interesse ging somit verloren und die Sennerei mit allem rundum geriet in einen desolaten Zustand. Einige Geräte vom Inventar fehlten auf einmal. Das wollen wir nun mit der Gründung des obgenannten Vereins verhindern. Einige Mitglieder sind bemüht, dies durch Sanierung der Anlagen, und durch Sammeln von alten Geräten wieder wie früher instand zu stellen. Aus diesem Grund können wir die Besichtigung der Sennerei jetzt starten. Wir stchen jetzt vor der sanierten Sennerei, die jetzt etwa wie dazumal sich zeigt. Durch den Eingang gelangen wir in den vorderen Teil der Sennerei. Die ausgestellten Geräte und das noch vorhandene Geschirr liegen oder hangen in diesem Raum. 

In einer Ecke an einem schwenkbaren, hölzernen Traggestell hängt wohl das wichtigste Stück der Käserei, nämlich der Käsekessel. Hier schen wir den mittelgrossen Käsekessel, auf romanisch «il priel». Auf der Alp benötigt man den grösseren Käsekessel «la caldera». Der kleinste Kessel nennen wir «parlet».

Noch einige Sachen, die früher zur Verarbeitung der Milch dienten, sind da zu schen. So verschiedene Butterfässer «panaglias», die Gebsen «curt’es», Rahmkellen «sgarmeras», Rahmkübel «briec da groma» und der Napf «il cup».

Im Nebenraum steht ein Brunnentrog, der mit frischem Wasser gefüllt werden konnte. Darin kühlte man die frische Milch in grossen blechernen Tausen, bevor man sie in die Gebsen goss, und anschliessend im Hintergrund aufstellte. (Die Gebse ist ein rundes, niedriges Milchgefäss). Dort musste man die gefüllten Gebsen 24-36 Stunden ruhen lassen, damit der fettige Gehalt, d.h. der Rahm von der Magermilch trennen konnte. Beim Abrahmen bediente man sich der Rahmkelle und des hölzernen Messers. Man leerte anschliessend den Rahm in den Rahmkübel. Dann diente der Butterfass, der auf einem Fussgestell war, der Verbutterung des Rahmes durch Rotieren der Trommel. Die grosse Öffnung war für das Einfüllen des Rahmes und die Entnahme der Butter bestimmt. Aus der kleinen Öffnung wurde die Buttermilch «il penn», die sich von der Butter abschied, abgelassen. In unserer Sennerei schen wir auch das lange Butterfass, das der Vorgänger des rotierenden Butterfasses war. Diese einfache Art bestand aus dem Daubenfass und einen Stöpsel. Da der Rahm aus der Milch entnommen wurde, käste man in der Käserei von Disla wahrscheinlich nur mit Magermilch. Diese wurde dann in den Käsekessel gegossen und diente zum Käsen. Unter dem Kessel wurde Feuer entfacht und die Milch wurde bis auf 38 Grad Celsius gcheizt. Anschliessend wurde wenig Lab beigegeben und dann wartete man ungefähr Dreiviertelstunde bis die Milch geronnen war. Die geronnene Milch wurde dann mit einem einfachen Käsebrecher oder Käserührer zerkleinert «turschet», und es bildeten sich Käsekörner. Von solchen Käsebrechern können wir einige Exemplare da schen. Diese Käsekörner wurden dann mit einem Leinentuch entnommen und in das Käsesieb gehoben. Aus den Löchern des Leinentuches rann dann die Schotte «scharun» ab und die Masse wurde in einen Käsereifen «rischa« eingefasst. So wurde dann die runde Form des Käselaibes gebildet. Nachdem die Laibe einige Zeit eingesalzt worden sind, stellte man sie noch in den frischen Keller im Nordteil der Käserei. In einem Käseschrank und durch die richtige Pflege des Sennes konnte der Käse gut gedeihen. Aus der Schotte «scharun» konnte man am Ende noch Ziger gewinnen.

Nun, in der Sennerei kann man noch viele Sachen besichtigen, die alle zu einem bestimmten Zweck gebraucht wurden. Man kann daraus auch eine bestimmte Entwicklung der Geräte schen. So fällt es immer wieder auf, dass die ältesten Objekte vorwiegend aus Holz und die jüngeren mehr aus Metall hergestellt worden sind. Das betrifft vor allem die verschiedenen Hohlund Litermassen, am Anfang aus Holz, später aus Metall und dann auch aus Glas. Die ganz alten Tragtausen waren zuerst aus Holz, später aber aus Metall. Interessant sind wohl auch die Einrichtungen, die man um die Milch zu wägen benötigte. So z.B. die Laufwaage, sie diente zum Wägen der Milch. Die Waage ist freihängend, die Querstange gibt das Gewicht an.

Wir wünschen viel Vergnügen bei der Besichtigung der Ausstellung in unserer Sennerei.